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Parsifal - Wagner

Chủ đề trong 'Âm nhạc' bởi Angelique, 15/05/2001.

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  1. Angelique

    Angelique Thành viên quen thuộc

    Tham gia ngày:
    17/04/2001
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    Parsifal


    Erster Aufzug


    Ort der Handlung: Auf dem Gebiete
    und in der Burg der Gralshueter Monsalvat.
    Gegend im Charakter der noerdlichen Gebirge
    des gotischen Spaniens.
    Wald, schattig und ernst, doch nicht duester.
    Eine Lichtung in der Mitte.
    Links aufsteigend wird der Weg zur Gralsberg angenommen.
    Der Mitte des Hintergrundes zu senkt sich der Boden
    zu einem tiefer gelegenen Waldsee hinab. Tagesanbruch.
    Gurnemanz, ruestiggreisenhaft,
    und zwei Knappen, von zartem Juenglingsalter,
    sind schlafend unter einem Baume gelagert.
    Von der linken Seite, wie von der Gralsburg her,
    ertoent der feierliche Morgenweckruf der Posaunen.



    Gurnemanz:
    (erwachend und die Knappen ruettelnd)
    He! Ho! Waldhueter ihr,
    Schlafhueter mitsammen,
    so wacht doch mindest am Morgen.
    (Die beiden Knappen springen auf.)
    Hoert ihr den Ruf? Nun danket Gott,
    dass ihr berufen, ihn zu hoeren!
    (Er senkt sich mit den Knappen auf die Knie
    und verrichtet mit ihnen gemeinschaftlich stumm das Morgengebet;
    sobald die Pasunen schweigen, erheben sie sich langsam.)
    Jetzt auf, ihr Knaben! Seht nach dem Bad.
    Zeit ist's, des Koenigs dort zu harren.
    Dem Siechbett, das ihn traegt, voraus
    seh ich die Boten schon uns nahn.
    (Zwei Rietter treten auf.)
    Heil euch! Wie geht's Amfortas heut'?
    Wohl frueh verlangt'er nach dem Bade;
    das Heilkraut, das Gewan
    mit List und Kuehnheit ihm gewann,
    ich waehne, dass es Lind'rung schuf?

    Zweiter Ritter:
    Das waehnest du, der doch alles weiss?
    Ihm kehrten sehrender nur
    die Schmerzen bald zurueck;
    schlaflos von starken Bresten,
    befahl er eifrig uns das Bad.

    Gurnemanz:
    (das Haupt traurig senkend)
    Toren wir, aud Lind'rung da zu hoffen,
    wo einzig Heilung lindert!
    Nach allen Kraeutern, allen Traenken forscht
    und jagt weit durch die Welt;
    ihm hilft nur eines - nur der Eine!

    Zweiter Ritter:
    So nenn' uns denn!

    Gurnemanz:
    (ausweichend)
    Sorgt fuer das Bad!

    (Die beiden Knappen haben sich dem Hintergrunde zugewendet
    und blicken nach rechts.)

    Zweiter Knapper:
    Seht dort, die wilde Reiterin!

    Erster Knappe:
    Hei!
    Wie fliegen der Teufelsmaehre die Maehnen!

    Zweiter Ritter:
    Ha! Kundry dort?

    Erster Ritter:
    Die bringt wohl wicht'ge Kunde?

    Zweiter Knappe:
    Die Maehre taumelt.

    Erster Knappe:
    Flog sie durch die Luft?

    Zweiter Knappe:
    Jetzt kriecht sie am Boden hin.

    Erster Knappe;
    Mit dem Mahnen fegt sie das Moos.

    (Alle blicken lebhaft nach der rechten Seite.)

    Zweiter Ritter:
    Da schwingt sich die Wilde herab.

    (Kundry stuerzt hastig, fast taumeld herein.
    Wilde Kleidung, hoch geschuerzt:
    Guertel von Schlangenhaeuten long herabhaengend;
    schwartzes, in losen Zoepfen flatterndes Haar,
    tief braunroetliche Gesichtsfarbe;
    stechende schwartze Augen,
    zuweilen wild aufblitzend, oefters wie todesstarr
    und unbeweglich. Sie eilt auf Gurnemanz zu
    und dringt ihm ein kleines Kristallgefaess auf.)

    Kundry:
    Hier! Nimm du! Balsam...

    Gurnemanz:
    Woher brachtest du dies?

    Kundry:
    Von weiter her als du denken kannst.
    Hilft der Balsam nicht,
    Arabia birgt
    dann nichts mehr zu seinem Heil.
    Fragt nicht weiter.
    (Sie wirft sich an den Boden.)
    Ich bin muede.

    (Ein Zug von Knappen und Rittern, die Saenfte tragend
    und geleitend, in welcher Amfortas ausgestreckt liegt,
    gelangt, von links her, aud die Buehne.
    Gurnemanz hat sich, von Kundry ab,
    sogleich den Ankommenden zugewendet.)

    Gurnemanz:
    (waehrend der Zug auf die Buehne gelangt)
    Er naht, sie bringen ihn getragen.
    Oh weh! Wie trag' ich's im Gemuete,
    in seiner Mannheit stolzer Bluete
    des siegreichsten Geschlechtes Herrn
    als seines Siechtums Knecht zu seh'n!
    (Zu den Knappen)
    Behutsam! Hoert, der Koenig stoehnt.

    (Die Knappen halten an
    und stellen das Siechbett nieder.)

    Amfortas:
    Recht so! Habt Dank! Ein wenig Rast.
    Nachwilder Schmerzensnacht
    nun Waldesmorgenpracht!
    Im heil'gen See
    wohl labt mich auch die Welle;
    Es staunt das Weh,
    die Schmerzensnacht wird helle.
    Gawan!

    Zweiter Ritter:
    Herr! Gawan weite nicht;
    da seines Heilkraufts Kraft,
    wie schwer er's auch errungen,
    doch deine Hoffnung trog,
    hat er auf neue Sucht sich fort geschwungen.

    Amfortas:
    Ohn' Urlaub? Moege das er suehnen,
    dass schlecht er Gralsgebote haelt.
    Oh wehe ihm, dem Trotzig Kuehnen,
    wenn er in Klingsors Schlingen faellt!
    So breche keiner mir den Frieden!
    Ich harre des, der mir beschieden;
    "Durch Mitleid wissend" -
    War's nicht so?

    Gurnemanz:
    Uns sagtest du es so.

    Amfortas:
    "Der Reine Tor"!
    Mich duenkt, ihn zu erkennen;
    duerft' ich den Tod ihn nennen!

    Gurnemanz:
    (indem er Amfortas das Flaeschchen Kundrys ueberreicht)
    Doch zuvor versuch'es noch mit diesem!

    Amfortas:
    (es betrachtend)
    Woher dies heimliche Gefaess?

    Gurnemanz:
    Dir ward es aus Arabia hergefuehrt.

    Amfortas:
    Und wer gewann es?

    Gurnemanz:
    Dort liegt's, das wilde Weib.
    Auf, Kundry, komm!

    (Kundry wiegert sich und bleibt am Boden.)

    Amfortas:
    Du, Kundry?
    Muss ich dir nochmals danken,
    du rastlos scheue Magd?
    Wohlan!
    Den Balsam nun versuch' ich noch;
    er sei aus Dank fuer deine Treue.

    Kundry:
    (unruhig und heftig am Boden sich bewegend)
    Nicht Dank! Haha! Was wird es helfen?
    Nicht Dank! Fort, fort! Ins Bad!

    (Amfortas gibt das Zeichen zun aufbruch.
    Der Zug entfernt sich nach dem tieferen Hintergrunde.
    Gurnemanz, schwermuetig nachblickend, und Kundry,
    fortwaehrend auf dem Boden gelagert,
    sind zurueckgeblieben Knappen gehen ab und zu.)

    Dritter Knappe:
    He, du da!
    Was liegst du dort wie ein wildes Tier?

    Kundry:
    Sind die Tiere hier nicht heilig?

    Dritter Knappe:
    Ja, doch ob heilig du,
    das wissen wir grad' noch nicht.

    Vierter Knappe:
    Mit ihrem Zubersaft, waehn' ich,
    wird sie den Meister vollends verderben.

    Gurnemanz:
    Hm! Schuf sie euch Schaden je?
    Wann alles ratlos steht,
    wie kaempfenden Bruedern in fernste Laender
    Kunde sei zu entsenden,
    und kaum ihr nur wisst, wohin? -
    Wer, ehe ihr euch nur besinnt,
    stuermt und fliegt dahin und zurueck,
    der Botschaft pflegend mit Treu und Gluk?
    Ihr naehrt sie nicht, sie naht euch nie,
    nichts hat sie mit euch gemein;
    Doch wann's in Gefahr der Hilfe gilt,
    der Eifer fuehrt sie schier durch die Luft,
    die nie euch dann zum Danke ruft.
    Ich waehne, ist dies Schaden,
    so taet er euch gut geraten.

    Dritter Knappe:
    Doch hasst sie uns -
    sieh nur, wie haemisch dort nach uns sie blickt!

    Vierter Knappe:
    Eine Heidin ist's, ein Zauberweib.

    Gurnemanz:
    Ja, eine Verswuenschte mag sie sein.
    Hier lebt sie heut' -
    veilleicht erneut,
    zu buessen Schuld aus frueh'rem Leben,
    die dorten ihr noch nicht vergeben.
    Uebt sie nun Buss in solchen Taten,
    die uns Ritterschaft um Heil geraten,
    gut tut sie dann und recht sicherlich,
    dienet uns - und hilft auch sich.

    Dritter Knappe:
    So ist's wohl auch jen' ihre Schuld,
    die uns so manche Not gebracht?

    Gurnemanz:
    (sich besinnend)
    Ja, wann oft lange sie uns ferne blieb,
    dann brach ein Unglueck wohl herein.
    Und lang' schon kenn' ich sie;
    doch Titural kennt sie noch laenger.
    Der fand, als er die Burg dort baute,
    sie schlafend hier im Waldgestruepp,
    erstarrt, leblos, wie tot.
    So fand ich selbst sie letztlich wieder,
    als uns das Unheil kaum geschehn,
    das jener Boese ueber den Bergen
    so schmaehlich ueber uns gebracht.
    (Zu Kundry)
    He! Du! Hoer' mich und sag;
    wo schweiftest damals du umher,
    als under Herr den Speer verlor?
    (Kundry scweight duester)
    Warum halfst du uns damals nicht?

    Kundry:
    Ich... helfe nie.

    Vierter Knappe:
    Sie sagt's da selbst.

    Dritter Knappe:
    Ist sie so true, so kuehn in Wehr,
    so sende sie nach dem verlorenen Speer!

    Gurnemanz:
    (duester)
    Das ist ein andres;
    Jedem ist's verwehrt.
    (Mit groesster Ergriffenheit)
    O wunden-wundervoller
    heiliger Speer!
    Ich sah dich schwingen
    von umheiligster Hand!
    (In Erinnerung sich verlierend)
    Mit ihm bewehrt, Amfortas, allzu kuehner,
    wer mochte dir es wehren
    den Zaub'rer zu beheeren?
    Schon nah dem Schloss wird uns der Held entrueckt;
    ein furchtbar schoenes Wein hat ihn entzueckt;
    in seinen Armen liegt er trunken,
    der Speer ist ihm entsunken.
    Ein Todesschrei! Ich stuerm herbei!
    Von dannen Klingsor lachend schwand,
    den heil'gen Speer hat er entwandt.
    Des Koenigs Flucht gab kaempfend ich Geleite;
    doch eine Wunde brannt' ihm in der Seite;
    die Wunde ist's, die nie sich schliessen will.

    Dritter Knappe:
    So kanntest du Klingsor?

    Gurnemanz:
    (zu den zurueckkommenden beiden Knappen)
    Wie geht's dem Koenig?

    Erster Knappe:
    Ihn frischt das Bad.

    Zweiter Knappe:
    Dem Balsam wich das Weh.

    Gurnemanz:
    (fuer sich)
    Die Wunde ist's, die ni sich schliessen will.

    (Der dritte und vierte Knappe hatten sich zuletzt
    schon zu Gurnemanz' Fuessen niedergesetzt,
    die beiden anderen gesellen sich jetzt gleicherwiese zu ihnen
    unter dem grossen Baum.)

    Dritter Knappe:
    Doch, Vaeterchen, sag' und lehr' uns fein;
    Du kanntest Klingsor - wie mag das sein?

    Gurnemanz:
    Titurel, der fromme Held,
    der kannt' ihn wohl.
    Denn ihm, da wilder Ferine List und Macht
    des reinen Glaubens Reich bedrohten,
    ihn neigten sich in heilig ernster Nacht
    dereinst des Heilands selige Boten;
    daraus der trank beim letzten Liebesmahle,
    das Weihgefaess, die heilig edle Schale,
    darein am Kreuz sein goettlich' Blut auch floss,
    dazu den Lanzenspeer, der dies vergoss -
    der Zeugengueter hoechtstes Wundergut -
    das gaben sie in unsres Koenigs Hut.
    Dem Heiltum baute er das Heiligtum.
    Die seinem Dienst ihr zugesindet
    auf Pfaden, die kein Suender findet,
    ihr wisst, dass nur dem Reinen
    vergoennt ist, sich zu einen
    den Bruedern, die zu ohechsten Rettungswerken
    des Grales Wunderkraefte staerken.
    Drum blieb es dem, nach dem ihr fragt, verwehrt,
    Klingsorn, wie hart ihn Mueh' auch drob beschwert.
    Jenseits im Tale war er eingesiedelt;
    darueberhin liegt uepp'ges Heidenland;
    unkund blieb mir, was dorten er gesuendigt,
    doch wollt'er buessen nun, ja heilig werden.
    Ohnmaechtig, in sich selbst die Suende zu ertoeten,
    an sich left'er die Frevlerhand,
    Die nun, dem Grale zugewandt,
    verachtunsvoll des' Hueter von sich stiess.
    Darob die Wut nun Klingsorn unterwies,
    wie seines schmael'chen Opfers Tat
    ihm gaebe zu boesem Zauber Rat;
    den fand er nun -
    Die Wueste schuf er sich zum Wonnegarten,
    drin wachsen teflisch holde Frauen;
    dort will des Grales Ritter er erwarten
    zu boeser Lust und Hoellengrauen;
    wen er verlockt, hat er erworben;
    schon viele hat er uns verdorben.
    Da Titural, in hohen Alters Muehen,
    dem Sohn die Herrschaft hier verliehen;
    Amfortas liess es da nicht ruhn,
    der Zauberplag' Einhalt zu tun.
    Das wisst ihr, wie es dort sich fand;
    der Speer ist nun in Klingsors Hand,
    kann er selbst Heilige mit dem verwunden,
    den Gral auch waehnt' er fest schon uns entwunden!

    (Kundry hat sich, in wuetender Unruhe, oft heftig ungewendet)

    Vierter Knappe:
    Vor allem nun; der Speer kehr' uns zurueck!

    Dritter Knappe:
    Ha! Wer ihm bracht'. Ihm waer's zu Ruhm und Gluck!

    Gurnemanz:
    Vor dem verwaisten Heiligtum
    in bruenst'gem Beten lag Amfortas,
    ein Rettungszeichen bang erflehend;
    ein sel'ger Schimmer da entfloss dem Grale;
    en heilig' Traumgesicht
    nun deutlich zu ihm spricht
    durch hell erschauter Wortezeichen Male;
    "Durch Mitleid wissend,
    der reine Tor;
    harre sein,
    den ich erkor."

    Die vier Knappen:
    (in grosser Ergriffenheit)
    "Durch Mitleid wissend,
    der reine Tor..."

    (Vom See her vernimmt man Geschrei
    und das Rufen der Ritter und Knappen.
    Gurnemanz und die vier Knappen fahren
    auf und wenden sich erschrocken um.)

    Knappen:
    Weh! Weh!

    Ritter:
    Hoho!

    Knappen:
    Auf!

    Ritter:
    Wie ist der Frevler?

    (Ein wilder Schwan flattert
    matten Fluges vom See daher.)

    Gurnemanz:
    Was gibt's?

    Vierter Knappe:
    Dort!

    Dritter Knappe:
    Hier!

    Zweiter Knappe:
    Ein Schwan!

    Vierter Knappe:
    Ein Wilder Schwan!

    Dritter Knappe:
    Er ist verwundet!

    Alle Ritter und Knappen:
    Ha! Wehe! Wehe!

    Gurnemanz:
    Wer schoss den Schwan?

    (Der Schwan sinkt, nach muehsamem Fluge, matt zu Boden;
    der zweite Ritter zieht ihm den Pfeil aus der Brust.)

    Erster Ritter:
    Der Koenig grueste ihn als gutes Zeichen,
    als ueberm See kreiste der Schwan,
    da flog ein Pfeil.

    (Knappen und Ritter fuehren Parsifal herein.)

    Ritter:
    Der war's!

    Knappen:
    Der schoss!
    Dies der Bogen!

    Zweiter Ritter:
    Hier der Pfeil, den seinen gleich.

    Gurnemanz:
    (zu Parsifal)
    Bist du's, der diesen Schwan erlegte?

    Parsifal:
    Gewiss! Im Fluge treff'ich, was fliegt!

    Gurnemanz:
    Du tatest das? Und bangt' es dich nicht vor der Tat?

    Knappen und Ritter:
    Strafe dem Frevler!

    Gurnemanz:
    Unerhoertes Werk!
    Du konntest morden, hier, im heil'gen Walde,
    des Stiller Friede dich umfing?
    Des Haines Tiere nahten dir nicht zahm?
    Gruessten dich freundlich und fromm?
    Aus den Zweigen was sangen die Voeglein dir?
    Was tat dir der treue Schwan?
    Sein Weibchen zu suchen flog er auf,
    mit ihm zu kreisen ueber dem See,
    den so er herrlich weihte zum Bad.
    Dem stauntest du nicht? Dich lockt' es nur
    zu wild kindischem Bogengeschoss?
    Er war uns hold; was ist er nun dir?
    Hier - schau her! - hier trafst du ihn,
    da starrt noch das Blut, matt haengen die Fluegel,
    das Schneegefieder dunkel befleckt -
    gebrochen das Aug', siehst du den Blick?
    (Parsifal hat Gurnemanz mit wachsender Ergriffenheit zugehoert;
    jetzt zerbricht er seinen Bogen und schleudert die Pfeile von sich.)
    Wirst deiner Suendentat du inne?
    (Parsifal fuehrt die Hand ueber die Augen.)
    Sag', Knab, erkennst du deine grosse Schuld?
    Wie konntest du sie begehn?

    Parsifal:
    Ich wuesste sie nicht.

    Gurnemanz:
    Wo bist du her?

    Parsifal:
    Das weiss ich nicht.

    Gurnemanz:
    Wer ist sein Vater?

    Parsifal:
    Das weiss ich nicht.

    Gurnemanz:
    Wer sandte dich dieses Weges?

    Parsifal:
    Das weiss ich nicht.

    Gurnemanz:
    Dein Name denn?

    Parsifal:
    Ich hatte viele,
    doch weiss ich ihrer keinen mehr.

    Gurnemanz:
    Das weisst du alles nicht?
    (Fuer sich)
    So dumm wie den
    erfand bisher ich Kundry nur!
    (Zu den Knappen, deren sich immer mehr versammelt haben)
    Jetzt geht!
    Versaeumt den Koenig im Bade nicht! Helft!
    (Die Knappen heben den toten Schwan
    auf eine Bahre von frischen Zweigen
    und entfernen sich mit ihm dann nach dem See zu.
    Schliesslich blieben Gurnemanz, Parsifal und - abseits -
    Kundry allein zurueck.
    Gurnemanz wendet sich wieder zu Parsifal.)
    Nun sag'! Nichts weisst du, was ich dich frage;
    jetzt meld', was du weisst;
    denn etwas musst du doch wissen.

    Parsifal:
    Ich hab' eine Mutter, Herzeleide sie heisst.
    Im Wald und auf wilder Aue waren wir heim.

    Gurnemanz:
    Wer gab dir den Bogen?

    Parsifal:
    Den schuf ich mir selbst,
    vom Forst die wilden Adler zu verscheuchen.

    Gurnemanz:
    Doch adelig scheinst du selbst und hochgeboren;
    warum nicht liess deine Mutter
    bessere Waffen dich lehren?

    (Parsifal schweigt.)

    Kundry:
    (welche waehrend der Erzaehlung des Gurnemanz
    von Amfortas' Schicksal oft in wuetender Unruhe
    heftig sich undgewendet hatte, nun aber,
    immer in der Waldecke gelagert,
    den Blick scharf auf Parsifal gerichtet hat,
    ruft jetzt, da Parsifal schweigt, mit rauher Stimme daher.)
    Den Vaterlosen gebar die Muter,
    als im Kampf erschlagen Gamuret;
    vor gleichem fruehen Heldentod
    den Sohn zu wahren, waffenfremd
    in Oeden erzog sie zum Toren - die Toerin!

    (Sie lahet)

    Parsifal:
    (der mit jaeher Aufmerksamkeit zugehoert hat)
    Ja! Und einst am Waldessaume vorbei,
    auf schoenen Tieren sitzend,
    kamen glaenzende Maenner;
    ihnen wollt' ich gleichen;
    sie lachten und jagten davon.
    Nun lief ich nach, doch konnt' ich sie nicht erreichen;
    durch Wildnisse kam ich, bergauf, talab;
    oft ward es Nacht, dann wieder Tag;
    mein Bogen musste mir frommen
    gegen Wild und grosse Maenner.

    (Kundry hat sich erhoben
    und ist zu den Maennern getreten.)

    Kundry:
    Ja! Schaecher und Riesen traf seine Kraft;
    den freislichen Knaben lernten sie fuerchten.

    Parsifal:
    (verwundert)
    Wer fuerchtet mich? Sag!

    Kundry:
    Die Boesen!

    Parsifal:
    Die mich bedrohten, waren sie boes?

    (Gurnemanz lacht.)

    Parsifal:
    Wer ist gut?

    Gurnemanz:
    (wieder ernst)
    Deinse Mutter, der du entlaufen
    und die um dich sich nun haermt und graemt.

    Kundry:
    Zu End ihr' Gram; Seine Mutter ist tot.

    Parsifal:
    (in furchtbaren Schreken)
    Tot? Meine - Mutter? Wer sagt's?

    Kundry:
    Ich ritt vorbei und sah sie sterben;
    dich Toren hiess sie mich gruessen.

    (Parsifal springt wuetend auf Kundry zu
    und fasst sie bei der Kehle.
    Gurnemanz haelt ihn zurueck.)

    Gurnemanz:
    Verruecketer Kanbe! Wieder Gewalt?
    Was tat dir das Weib? Es sagte wahr;
    denn nie luegt Kundry, doch sah sie viel.

    Parsifal:
    Ich verschmachte!

    (Kundry ist sogleich, als sie Parsifals Zustand gewahrte,
    nach einem Waldquell geeilt, bringt jetzt Wasser in einem Horne,
    besprengt damit zunaechst Parsifal und reicht ihm dann zu trinken.)

    Gurnemanz:
    So recht! So nach des Grales Gnade;
    das Boese bannt, wer's mit Gutem vergilt.

    Kundry:
    Nie tu' ich gutes; nur Ruhe will ich,
    nur Ruhe, ach! Der Mueden.
    (Sie wendet sich traurig ab, und waehrend Gurnemanz sich
    vaeterlich um Parsifal bemueht, schleppt sie sich,
    von beiden unbeachtet, einem Waldebuesch zu.)
    Schalfen! O, dass mich keiner wecke!
    Nein! Nicht schlafen! Grausen fasst mich!
    (Sie verfaellt in hefteiges Zittern;
    dann laesst sie die Arme matt sinken,
    neigt das Haupt sief und schwankt matt weiter.)
    Machtlose Wehr! Die Zeit ist da.
    (Vom See her gewahrt man Bewegung
    und endlich dem im Hintergrunde sich
    heimwendenden Zug der Ritter
    und Kappen mit der Sanfte des Amfortas.)
    Schlafen - schlafen - ich muss.

    (Sie sinkt hinter dem Gebuesch zusammen
    und bleibt von jetzt an unbemerkt.)

    Gurnemanz:
    Vom Bade kehrt der Koenig heim;
    hoch steht die Sonne;
    nun lass zum frommen Mahle mich dich geleiten;
    denn bist du rein,
    wird nun der Gral dich traenken und speisen.

    (Er hat Parsifals Arm sich sanft um den Nacken gelegt
    und dessen Leib mit seinem eigenen Arme umschlangen;
    so geleitet er ihn bei sehr allmaehlichem Schreiten.)

    Parsifal:
    Wer ist der Gral?

    Gurnemanz:
    Das sagt mich nicht;
    doch, bist du selbst zu ihm erkoren,
    bleibt dir die Kunde unverloren.
    Und sieh!
    Mich duenkt, dass ich dich recht erkannt;
    kein Weg fuehrt zu ihm durch das Land,
    und niemand koennte ihn beschreiten,
    den er nicht selber moecht' geleiten.

    Parsifal:
    Ich schreite kaum,
    doch waehn' ich mich schon weit.

    Gurnemanz:
    Du siehst, mein Sohn,
    zum Raum wird hier die Zeit.

    (Allmaehlich, waehrend Gurnemanz
    und Parsifal zu schreiten scheinen,
    hat sich die Szene bereite immer merklicher verwandelt;
    es verschwindet so der Wald,
    und in Felsenwaenden oeffnet sch ein Torweg,
    welcher die beiden jetzt einschliesst.
    Durch aufsteigende gemauerte Gaenge fuehrend,
    hat die Szene sich vollstaendig verwandelt.
    Gurnemanz und Parsifal treten jetzt
    in den maechtigen Saal der Gralsburg ein.)

    Gurnemanz:
    (sich zu Parsifal wendend, der wie verzaubet steht)
    Nun achtewohl und lass mich seh'n;
    bist du ein Tor und rein,
    welch Wissen dir auch mag beschieden sein.

    (Szene; Saeulenhalle mit Kuppelgewoelbe,
    den Speiseraum ueberdeckend.
    Auf beiden Seiten des Hintergrundes
    werden die Tueren geoeffnet;
    von rechts schreiten die Ritter des Grales herein
    und reihen sich um die Speisetafeln.)

    Die Gralsritter:
    Zum letzten Liebesmahle
    geruestet Tag fuer Tag,
    (Ein Zug von Knappen durchschreitet schnelleren Schrittes
    die Szene nach hinten zu.)
    gleich ob zun letzten Male
    es heut uns letzten mag.
    (Ein zweiter Zug von Knappen
    durchschreiten den Saal.)
    Wer guter Tat sich freut,
    ihm wird des Mahl erneut;
    der Labung darf er nah'n.
    Die herhste Gab' empfahn.

    (Die versammelten Ritter stellen sich an den Speisetafeln auf.
    Hier wird von Knappen und dienendern Bruedern
    durch die entgegengesetzte Tuere Amfortas
    auf einer Saenfte hereingetragen;
    vor ihm schreiten die vier Knappen, welche den verhaengten Schrein
    des Grales tragen. Dieser Zug begibt sich
    nach der Mitte des Hintergrundes,
    wo ein erhoebtes Ruhebett aufgerichtet steht,
    auf welches Amfortas von der Saenfte herab niedergelassen wird;
    hiervor steht ein laenglicher Steintisch, auf welchen
    die Knaben den verhaengen Gralsschrein hinstellen.)

    Juenglinge:
    Den suendigen Welten,
    mit tausend Schmerzen,
    wie einst sein Blut geflossen -
    dem Erloesungshelden
    sei nun mit freudigem Herzen
    mein Blut vergossen.
    Der Leib, den er zur Suehn' uns bot,
    er lebt in kuns durch seinen Tod.

    Knaben:
    (aus der aeussersten Hoehe der Kuppel)
    Der Glaube lebt;
    die Taube schwebt,
    des Heilands holder Bote.
    Der fuer euch fliesst,
    des Weines geniesst
    und nehmt vom Lebensbrote!

    (Nachdem alle ihre Stelle eingenommen haben
    und ein allgemeiner Stillstand eingetreten war,
    vernimmt man vom tiefsten Hintergrunde her
    aus einer gewoelbten Nische hinter dem Ruhebette
    des Amfortas die Stimme des alten Titurel
    wie aus einem Grabe heraufdringend.)

    Titurel:
    Mein Sohn Amfortas, bist du am Amt?
    Soll ich den Gral heut noch erschau'n und leben?
    Musss ich sterben, vom Retter ungeleitet?

    Amfortas:
    Wehe! Wehe mir der Qual!
    Mein Vater, o! Noch einmal
    verrichte du das Amt!
    Lebe, leb' - und lass mich sterben!

    Titurel:
    Im Grabe leb'ich durch des Heilands Huld
    Zu schwach doch bin ich, ihm zu dienen.
    Du buess' im Dienste deine Schuld!
    Enthuellet den Gral!

    Amfortas:
    Nein! Lass ihn unhenthuellt! Oh!
    Dass keiner, keiner diese Qual ermisst,
    die mir der Anblick weckt, der euch entzueckt!
    Was ist die Wunde, ihrer schmerzen Wut,
    gegen die Not, die Hoellenpein,
    zu diesem Amt - verdammt zu sein!
    Wehvolles Erbe, dem ich verfallen,
    ich, einz'ger Suender unter allen,
    des hoechtsten Heiligtums zu pflegen,
    auf Reine herabzuflehen seinem Segen!
    O Strafe, Strafe ohnegleichen
    des - ach! - gekraenkten Gnadenreichen! -
    Nach ihm, nach seinem Weihegrusse,
    muss sehnlich mich's verlangen;
    aus tiefster Seele Heilesbusse
    zu ihm muss ich gelangen.
    Die Stunde naht;
    ein Lichtstral senkt sich auf das heilige Werk;
    die Huelle faellt.
    Des Weihgefaesses goettlicher Gehalt
    erglueht mit leuchtender Gewalt;
    durchzuckt von seligsten Genusses Schmerz,
    des heiligsten Blutes Quell
    fuehl' ich sie giessen in mein Herz;
    des eig'nen suendigen Blutes Gewell'
    in wahnsinniger Flucht
    muss mir zurueck dann fliessen,
    in die Welt der Suendensucht
    mit wilder Scheu sich ergiessen;
    von neuem springt es das Tor,
    daraus es nun stroemt hervor,
    hier, durch die Wunde, der seinem gleich,
    geschlagen von desselben Speeres Streich,
    der dort dem Erloeser die Wunde stach,
    aus der mit blut'gen Traenen
    der Goettliche weint' ob der Menschheit Schmach,
    in Mitleids heiligem Sehnen -
    und aus der nun mir, an heiligster Stelle,
    dem Pfleger goettlischer Gueter,
    des Erloesungsbalsams Hueter,
    das heisse Suendenblut entquillt,
    ewig erneut ausd des Sehnens Quelle,
    das, ach! Keine Buessung je mir stillt!
    Erbarmen! Erbarmen!
    Du Allerbarmer! Ach, Erbarmen!
    Nimm mir mein Erbe,
    schliesse die Wunde,
    dass heilig ich sterbe,
    rein Dir gesunde!

    (Er sinkt wie bewusstlos zurueck.)

    Knaben und juenglinge:
    (aus der mittleren Hoehe)
    "Durch Mitleid wissend,
    der reine Tor;
    harre sein;
    den ich erkor!"

    Die Ritter:
    So ward es dir verhiessen;
    harre getrost,
    des Amtes walte heut!

    Titurel:
    Enthuellet den Gral!

    (Amfortas erhebt sich langsam und muehevoll.
    Die Knaben nehmen die Decke vom goldnen Schreine,
    entnehmen ihm eine antike Kristallschale,
    von wlecher sie ebenfalls eine Verhuellung hinwegnehmen,
    und setzten diese vor Amfortas hin.)

    Stimmen:
    (aus der Hoehe)
    Nehmet hin mein Blut,
    nehmet hin meinem Leib,
    auf dass ihr mein gedenkt!

    (Hier dringt ein blendender Lichtstral
    von oben auf die Kristallschale herab;
    diese erglueht sodann in leuchtender Purpurfarbe,
    alles sanft bestrahlend.
    Amfortas, mit verklaerter Miene, erhebt den Gral hoch
    und schwenkt ihn sanft nach alles Seiten,
    worauf er damit Brot und Wein segnet. Alles ist auf Knien.)

    Titurel:
    O heilige Wonne!
    Wie hell gruesst uns heute der Herr!

    (Amfortas setzt den Gral wieder nieder, welcher nun,
    waehrend die teife Daemmerung wieder entweicht,
    immer mehr erblasst; hierauf schliessen die Knaben das Gefaess
    wieder in den Schrein und bedecken diesen wie zuvor.
    Hier tritt die frueere Tageshelle wieder ein.
    Die vier Knaben verteilen waehrend des Folgenden
    aus den zwei Kruegen und Koerben Wein und Brot.)

    Knaben:
    (aus der Hoehe)
    Wein und Brot des letzten Mahles
    wandelt' einst der Herr des Grales
    durch des Mitleids Liebesmacht
    in das Blut, das er vergoss,
    in den Leib, den dar er bracht'.

    (Die vier Knaben, nachdem sie den Schrein verschlossen,
    nehmen nun die zwei Weinkruege sowie die zwei Brotkoerbe,
    welche Amfortas zuvor durch das Schwenken des Gralskelches
    ueber sie gesegnet hatte, von dem Altartische,
    verteilen das Brot an die Ritter und fuellen
    die vor ihnen stehenden Becher mit Wein.
    Die Ritter lassen sich zum Mahle nieder, so auch Gurnemanz,
    welcher einen Platz neben sich leer haelt und Parsifal
    durch ein Zeichen zur Teilnehmung am Mahle einlaedt;
    Parsifal bleibt aber starr und stumm, wie gaenzlich entrueckt,
    zur Seite stehen.)

    Juenglinge:
    (aus der mittlerem Hoehe der Kuppel)
    Blut und Leib der heil'gen Gabe
    wandelt heut zu eurer Labe
    sel'ger Troestung Liebesgeist
    in den Wein, der euch nun floss,
    in das Brot, das heut ihr speist.

    Die Ritter:
    (erste Haelfte)
    Nehmet vom Briot,
    wandelt es kuehn
    in Leibes Kraft und Staerke;
    treu bis zum Tod;
    fest jedem Muehn,
    zu wirken des Heilands Werke!

    Die Ritter:
    (zweite Haelfte)
    Nehmet vom Wein,
    wandelt ihn neu
    zu Lebens feurigem Blute.
    Froh im Verein,
    brudergetreu
    zu kaempfen mit seligem Mute!

    Alle Ritter:
    Selig im Galuben!
    Selig im Glauben und Liebe!

    Juenglinge und Knaben:
    Selig im Liebe!
    Selig im Glauben!

    (Die Ritter haben sich erhoben und schreiten
    von beiden Sieten aufeinander zu, um waehrend des Folgenden
    sich feierlich zu umarmen. Waehrend des Mahles,
    an welchem er nicht teilnahm, ist Amfortas
    aus seiner begeisterungsvollen Erhebung
    allmaehlich wieder herabgesunken;
    er neigt das Haupt und haelt die Hand auf die Wunde.
    Die Knaben naehen sich ihm, ihre Bewegungen deuten
    auf das erneuerte Bluten der Wunde; sie pflegen Amfortas,
    geleiten ihn wieder auf die Saenfte, und, waehrend alle
    sich zum Aufbruch ruesten, tragen sie, in der Ordnung wie sie kamen,
    Amfortas und den heiligen Schrein wieder von dannen.
    Die Ritter ordnen sich ebenfalls wieder zum feierlichen Zug
    und verlassen langsam den Saal. Verminderte tageshelle tritt ein.
    Knappen siehen wieder schnelleren Schrittes durch die Halle.
    Die letzen Ritter und Knaben haben den Saal verlassen;
    die Tueren werden geschlossen.
    Parsifal hatte bei dem vorangegangenen staerksten Klagerufe
    des Amfortas eine heftige Bewegung nach dem Herzen gemacht,
    welches er krampfhaft eine Zeitlang gefasst hielt;
    jetzt steht er noch wie erstarrt,
    regungslos da. Gurnemanz tritt missmutig an Parsifal heran
    und ruettelt ihn am Arme.)

    Gurnemanz:
    Was stehst du noch da?
    Weisst du, was du sahst?
    (Parsifal fasst sich krampfhaft am Herzen
    und schuettelt dann ein wenig mit dem Haupte.)
    Du bist doch eben nur ein Tor!
    (Er oeffnet eine Schmale Seitentuer.)
    Dort hinaus, deine Wege zu!
    Doch raet dir Gurnemanz;
    lass du hier kuenftig die Schwaene in Ruh'
    und suche dir, Gaenser, die Gans!

    (Er stoesst Parisfal hinaus und schlaegt muerrisch hinter ihm
    die Tuere stark zu. Waehrend er dann den Rittern folgt,
    schliesst auf dem letzten Takte mit der Fermata sich der Vorhang.)

    Eine Altstimme:
    Durch Mitleid wissend,
    der reine Tor.

    Stimmen:
    (aus der mittleren und hoechsten Hoehe)
    Selig im Glauben!

    (Glocken)






    ZWEITER AUFZUG



    Aufzug I
    Aufzug II
    Aufzug III



    (Klingsors Zauberschloss - am Suedabhang derselben Gebirge,
    dem arabischen Spanien zugewandt anzunehmen.
    Im inneren Verliesse eines nach oben offenen Turmes.
    Steinstufen fuehren nach dem Zinnenrande der Turmmauer;
    Finsternis in der Tiefe, nach welcher es von dem Mauervorsprunge,
    den der Buehnenboden darstellt, hinabfuehrt.
    Zauberwerkzeuge und nekromantische Vorichtungen.
    Klingsor auf dem Mauernvorsprunge zur Seite,
    vor einem Metallspiegel sitzend.)


    Klingsor:
    Die Zeit ist da.
    Schon lockt mein Zauberschloss den Toren,
    den, kindisch jauchzend, fern ich nahen seh' -
    Im Todesschlafe haelt der Fluch sie fest,
    der ich den Krampf zu loesen weiss.
    Auf denn! Ans Werk!
    (Er steigt, der Mitte zu, etwas tiefer herab
    und entzuendet dort Raeucherwerk,
    welches alsbald den Hintergrund
    mit einem blaeulichen Dampf erfuellt.
    Dann setzt er vor die Zauberwerkzeuge und ruft,
    mit geheimnesvollen Gebaerden, nach dem Abgrunde:)
    Herauf! Herauf! Zu mir!
    Dein Meister ruft dich, Namenlose,
    Urteufelin! Hoellenrose!
    Herodias warst du, und was noch?
    Gundryggia dort, Kundry hier!
    Hieher! Hieher denn, Kundry!
    Dein Meister ruft; herauf!
    (In dem blaeulichen Lichte steigt Kundry Gestalt herauf.
    Sie scheint schlafend. Allmaehlich aber macht sie
    die Bewegungen einer Erwachenden.
    Schliesslich stoesst sie einen graesslichen Schrei aus.)
    Erwachst du? Ha!
    Meinem Banne wieder
    verfallen heut zur rechten Zeit.
    (Kundry laesst ein Klagegeheul, von groesster Heftigkeit
    bis zu bangem Wimmern sich abstufend, vernehmen.)
    Sag', wo triebst du dich wieder umher?
    Pfui! Dort bei dem Rittergesipp,
    wo wie ein Vieh du dich halten laesst!
    Gefaellt dir's bei mir nicht besser?
    Als ihren Meister du mir gefangen -
    haha - den reinen Hueter des Grales -
    was jagte ich da wieder fort?

    Kundry:
    (rauh und abgebrochen, wie im Versuche,
    wieder Sprache zu gewinnen)
    Ach! Ach!
    Tiefe Nacht!
    Wahnsinn! Oh! Wut!
    Ach! Jammer!
    Schlaf.. schlaf...
    Tiefer Schlaf! Tod!

    Klingsor:
    Da weckte dich ein and'rer? He?

    Kundry:
    Ja.. mein Fluch!
    Oh... Sehnen! Sehnen!

    Klingsor:
    Haha! Dort, nach den keuschen Rittern?

    Kundry:
    Da, da, dient' ich.

    Klingsor:
    Ja. Ja, den Schaden zu vergueten,
    den du ihnen boeslich gebracht?
    Sie helfen dir nicht;
    feil sind sie alle,
    biet' ich den rechten Preis.
    Der festeste faellt,
    sinkt er dir in die Arme,
    und so verfaellt er dem Speer,
    den ihrem Meister selbst ich entwandt.
    Den Gefaehrlichsten gilt's nun heut zu bestehn;
    ihn schirmt der Torheit Schild.

    Kundry:
    Ich will nicht. O! O!

    Klingsor:
    Wohl willst du, denn du musst.

    Kundry:
    Du.. kannst mich... nicht... halten.

    Klingsor:
    Aber dich fassen.

    Kundry:
    Du?

    Klingsor:
    Dein Meister.

    Kundry:
    Aus welcher Macht?

    Klingsor:
    Ha! Weil einzig an mir
    deine Macht.. nichts vermag.

    Kundry:
    (grell lachend)
    Haha! Bist du keuch?

    Klingsor:
    (wuetend)
    Was fraaegst du das, verfluchtes Weib?
    (Er versinkt in finstres Brueten.)
    Furchtbare Not!
    So lacht nun der Teufel mein,
    dass einst ich nach dem Heiligen rang?
    Furchtbare Not!
    Ungebaendigten Sehnens Pein,
    schrecklichster Triebe Hoellendrang,
    den ich zum Todesschweigen mir zwang -
    lacht und hoehnt er nun laut
    durch dich, des Teufels Braut?
    Huete dich!
    Hohn und Verachtung buesste schon einer;
    der Stolze, stark in Heiligkeit,
    der einst mich von sich stiess.
    Sein Stamm verfiel mir,
    unerloest
    soll der Heiligen Hueter mir schmachten;
    und bald - so waehn ich -
    huet ich mir selbst den Gral -
    Haha!
    Gefiel er dir wohl, Amfortas, der Held,
    den ich zur Wonne dir gesellt?

    Kundry:
    Oh! Jamer! Jammer!
    Schwach auch er! Schwach.. alle!
    Meinem Fluche mit mir
    alle verfallen!
    Oewiger Schlaf,
    einziges Heil,
    wie, wie dich gewinnen?

    Klingsor:
    Ha! Wer's dir trotzte, loeste dich frei;
    versuch's mit dem Knaben, der naht!

    Kundry:
    Ich . . . will nicht!

    Klingsor:
    (steigt hastig auf die Tormauer)
    Jetzt schon erklimmt er die Burg.

    Kundry:
    Oh! Wehe! Wehe!
    Erwachte ich darum?
    Muss ich? Muss?

    Klingsor:
    (hinabblickend)
    Ha! Er ist schoen, der Knabe!

    Kundry:
    Oh! - Oh! Wehe mir!

    (Klingsor stoesst, nach aussen gewandt, in ein Horn.)

    Klingsor:
    Ho! Ihr Waechter! Ho! Ritter!
    Helden! Auf! Feinde nah!
    Ha! Wie zur Mauer sie stuermen,
    die betoerten Eigenbolde,
    zum Schutz ihres schoenes Geteufels!
    So! Mutig! Mutig!
    Haha! Der fuerchtet sich nicht!
    Dem Helden Ferris entwand er die Waffe;
    die fuehrt er nun feislich wieder den Schwarm.
    (Kundry geraet in unmeimliches ekstatisches Lachen
    bis zu krampfhalten Wehegeschrei.)
    Wie uebel den Toelpeln der Eifer gedeiht!
    Dem schlug er den Arm, jenem den Schenkel!
    (Kundry schreit auf und verschwindet.)
    Haha! Sie weichen. Sie fliehen.
    (Das blaeuliche Licht ist erloschen; volle Finsternis in der Tiefe,
    wogegen glaenzende Himmelsblaeue ueber der Mauer.)
    Seine Wunde traegt jeder nach heim!
    Wie das ich euch goenne!
    Moege denn so das ganze Rittergezuecht
    unter sich selber sich wuergen!
    Ha! Wie stolz er nun steht auf der Zinne!
    Wie lachen ihm die Rosen der Wangen,
    da kindisch erstaunt
    in den einsamen Garten er blickt!
    (Er wendet sich nach der Tiefe
    des Hintergrundes um.)
    He! Kundry!
    Wie? Schon am Werk?
    Haha! Den Zauber wusst' ich wohl,
    der immer dich wieder zum Dienst mir gesellt!
    (Sich wieder nach aussen wendend)
    Du da, kindlischer Spross,
    was auch
    Weissagung dich wies,
    zu jung und dumm
    fielst du in meine Gewalt;
    die Reinheit dir entrissen,
    bleibst mir du zugewiesen!

    (Er versinkt schnell mit dem ganzen Turme;
    zugleich steigt der Zaubergarten auf und erfuellt die Buehne gaenzlich.
    Tropische Vegetation, ueppigste Blumenpracht;
    nach dem Hintergrunde zu Abgrenzung durch die Zinne der Burgmauer,
    an welche sich seitwaerts Vorspruenge des Schlossbaues selbst,
    arabischen reichen Stiles, mit Terrassen anlehnen.
    Auf der Mauer steht Parsifal, staunend in den Garten hinabblickend.
    Von allen Seiten her, zuert aus dem Garten, dann aus dem Palaste,
    stuerzen wirr durcheinander, einzeln,
    dann zugleich immer mehr schoene Maedchen herein;
    sie sind mit fluechtig uebergeworfenen, zartfarbigen Schleiern verhuellt,
    wie soeben aus dem Schlafe aufgeschreckt.)

    Alle Maedchen:
    Hier was das Tosen! Hier, hier!
    Waffen! Wilde Ruefe! Whehe!
    Wer ist der Frevler?
    Wo ist der Frevler?
    Auf zur Rache!

    Erstes Maedchen I Gruppe:
    Mein Geliebter verwundert!

    Erstes Maedchen II Gruppe:
    Wo find' ich den meinen?

    Zweites Maedchen I Gruppe:
    Ich erwachte alleine!

    Chor I und II:
    Wohin entflohn sie?

    Erstes Maedchen II Gruppe:
    Wo ist mein Geliebter?

    Drittes Maedchen I Gruppe:
    Wo find ich den meinen?

    Zweites Maedchen II Gruppe:
    Ich erwachte alleine!

    Alle Maechen:
    Wo sind undsre Liebsten?
    Drinnen im Saale!
    Wo sind unsre Libsten?
    Wir sahn sie im Saale.
    Wir sahn sie mit blutender Wunde.
    Wehe! Wehe! Auf, zur Hilfe!
    Wer ist unser Feind?
    (Sie gewahren Parsifal und zeigen auf ihn.)
    Da steht er!
    Seht ihn dort, seht ihn dort!
    Da steht er! Wo? Dort!
    Ha! Ich sah's!

    Erstes Maedchen I Gruppe:
    Meines Ferris Schwert in seiner Hand!

    Zweites Maedchen I Gruppe:
    Meines Liebsten Blut hab ich erkannt.

    Chor I und II:
    Der stuermte die Burg!

    Drittes Maedchen II Gruppe:
    Ich hoerte des Meisters Horn.

    Drittes Maedchen I Gruppe und Zweites Maedchen II Gruppe:
    Ja, wir hoerten sein Horn.

    Chor I und II:
    Der war's!

    Erstes und drittes Maedchen:
    Mein Held lief herzu.

    Zweites und drittes Maedchen I Gruppe:
    Sie kamen alle herzu.

    Erstes Maedchen I Gruppe:
    Mein Held lief herzu.

    Chor I und II:
    (abstimmen)
    Sie alle kamen, doch jeden empfing seine Wehr!
    Weh! Weh ihm, der sie uns schlug!

    Zweites Maedchen I Gruppe und Maedchen aus Chor I:
    Der schlug mir den Liebsten.

    Erstes Maedchen I GrupParsifal:e und Maedchen aus den Choeren:
    Mir traf er den Freund.

    Zweites Maedchen II Gruppe und Maedchen aus den Choeren:
    Noch blutet die Waffe!

    Erstes Maedchen II Gruppe und Maedchen aus den Choeren:
    Meines Liebsten Feind.

    Alle Maedchen:
    Weh! Du dort! Ach wehe!
    Was schufst du soche Not?
    Verwuenscht, verwuenchst sollst du sein!
    (Parsifal springt tiefer in den Garten herab.)
    Ha! Kuehner!

    Erstes Maedchen I Gruppe, Erstes und zweites Maechen II Gruppe:
    Wagst du zu nahen?

    Zweites und drittes Maedchen I Gruppe, drittes Maedchen II Gruppe:
    Was schlugst du unsre Geliebten?

    Parsifal:
    Ihr schoenen Kinder, musst' ich sie nicht schlagen?
    Zu euch, ihr Holden, ja wehrten sie mir den Weg.

    Erstes Maedchen II Gruppe:
    Zu uns wolltest du?

    Erstes Maedchen I Gruppe:
    Sahst du uns schon?

    Parsifal:
    Noch nie sah ich solch zieres Geschlecht:
    nenn' ich euch schoen, duenkt euch das recht?

    Zweites Maedchen I Gruppe:
    So willst du uns wohl nicht schlagen?

    Zweites Maedchen II Gruppe:
    Willst uns nicht schlagen?

    Parsifal:
    Das moecht' ich nicht.

    Erstes Maedchen II Gruppe:
    Doch Schaden schufst du uns so vielen!

    Zweites und drittes Maedchen, I und II Gruppe:
    Grossen und vielen!

    Erstes Maedchen I und II Gruppe:
    Du schlugest unse Gespielen.

    Alle Maedchen:
    Wer spielt nun mit uns?

    Parsifal:
    Das tu ich gern!

    (Die Maedchen, von Verwunderung in Heiterkeit uebergegangen,
    brechen jetzt in ein lustiges Gelaechter aus.
    Waehren Parsifal immer naeher zu den aufgeregten Gruppen tritt,
    entweichen umerklich die Maedchen der ersten Gruppe
    und des ersten Chors hinter den Blumenhag,
    um ihren Blumenschmuck zu vollenden.)

    Chor I:
    Bist du uns hold?

    II Gruppe:
    So bleib nicht fern!

    Chor II:
    Bleib nicht gern von uns.

    Erstes Maedchen II Gruppe:
    Und willst du uns nicht schelten..

    Zweites Maedchen II Gruppe:
    Wir werden dir's entgelten:

    II Gruppe:
    Wir spielen nicht m Gold.

    Erstes Maedchen II Gruppe:
    Wir spielen um Minnesold.

    Zweites Maedchen II Gruppe:
    Willst auf Trost du uns sinnen...

    Erstes Maedchen II Gruppe:
    ...sollst den du uns abgewinnen!

    (Die Maedchen der ersten Gruppe und des ersten Chors kommen,
    mit dem Folgenden, ganz in Blumengewaendern,
    selbst Blumen erscheinend, zurueck
    und stuerzen sich sofort auf Parsifal.)

    Zweite Blume I Gruppe:
    Lasset den Knaben!

    Erste Blume I Gruppe:
    Er gehoeret mir!

    Dritte Blume, zweite Blume I Gruppe:
    Nein!

    Chor I:
    Nein! Mir!

    Chor II und I Gruppe:
    Ha! Die Falschen!
    Sie schmueckten heimlich sich.

    (Waehrend die Zurueckgekommenen sich am Parsifal herandraengen,
    verlassen die Maedchen der zweiten Gruppe
    und des zweiten Chores hastig die Szene,
    um sich ebenfalls zu schmuecken.)

    Chor I und I Gruppe:
    (waehrend sie, wie in anmutigem Kinderspiele,
    in abwechselndem Reigen um
    Parsifal sich drehen.)
    Komm, komm, holder Knabe!
    Komm, komm! Lass mich dir bluehen!
    Holder Knabe, die zu Wonn' und Labe
    gilt mein minniges Muehen!

    Erste Blume I Gruppe:
    Komm, o holder Knabe!

    Zweite und dritte Blume I Gruppe:
    Holder Knabe!

    (Der zweite Gruppe und der zweite Chor kommen,
    ebenfalls geschmueckt, zurueck und gesellen sich zum Spiele.)

    Alle Blumenmaedchen:
    Komm! Komm, holder Knabe!
    Lass mich dir erbluehen!
    Dir zu Wonn' und Labe
    gilt unser minniges Muehen!

    Parsifal:
    (heiter ruhig in der Mitte der Maedchen)
    Wie duftet ihr hold!
    Seid ihr denn Blumen?

    Erste Blume I Gruppe:
    Des Garten Zier. . .

    Zweite Blume I und II Gruppe:
    .. und duftende Geister.

    Erste Blume I und II Gruppe:
    Im Lenz pflueckt uns der Meister!

    Zweite Blume I und II Gruppe:
    Wir wachsen hier...

    Erste Blume I und II Gruppe:
    .. in sommer und sonne...

    Erste und Zweite Blume I und II Gruppe:
    fuer dich erbluehend in Wonne.

    Dritte Blume I und II Gruppe und Chor I:
    Nun sei uns freund und hold!

    Zweite Blume I und II Gruppe und Chor II:
    Nicht karge den Blumen den Sold!

    Alle Blumen:
    Kannst du uns nicht lieben und minnen,
    wir welken und sterben dahinnen.

    Erste Blume II Gruppe:
    An deinen Busen nimm mich!

    Chor der Bluemenmaedchen:
    Komm, holder Knabe!

    Erste Blume I Gruppe:
    Die Stirn lass mich dir kuehlen!

    Chor I und II:
    Lass mich dir erbluehen!

    Zwiete Blume I Gruppe:
    Lass mich die Wange dir fuehlen!

    Zweite Blume II Gruppe:
    Den Mund lass mich dir kuessen!

    Erste Blume I Gruppe:
    Nein! Ich! Die Schoenste bin ich!

    Zweite Blume I Gruppe:
    Nein! Ich bin die Schoenste!

    Chor I und II:
    ich bin schoener!

    Erste Blume II Gruppe:
    Nein! Ich dufte suesser!

    Alle anderen:
    Nein, ich! Ich! Ja, ich!

    Parsifal:
    (ihrer anmutigen Zudringlichkeit sanft wehrend)
    Ihr wild holdes Blumengedraenge,
    soll ich mit euch spielen, entlasst mir der Enge!

    Erste Blume II Gruppe:
    Was zankest du?

    Parsifal:
    Weil ihr euch streitet.

    Erste Blume I Gruppe, dann Zweite Blume II Gruppe:
    Wir streiten nur um dich.

    Parsifal:
    Das meidet.

    Zweite Blume I Gruppe:
    Du lass von ihm; sieh, er will mich!

    Dritte Blume I Gruppe:
    Mich lieber!

    Dritte Blume II Gruppe:
    Nein, mich!

    Zweite Blume II Gruppe:
    Nein, lieber will er mich!

    Erste Blume II Gruppe:
    Du wehrest mich von dir?

    Erste Blume I Gruppe:
    Du scheuchest mich fort?

    Zweite und dritte Blume I Gruppe, dritte Blume II Gruppe:
    Du wehrest mir?

    Chor II:
    Wie, bist du feige vor Frauen?

    Alle Blumen II Gruppe:
    Magst du nicht getrauen?

    Chor II:
    Magst du nicht getrauen?

    Erste Blume I Gruppe:
    Wie schlimm bist du, Zager und Kalter!

    Chor I und II:
    Wie schlimm!
    So zag?

    Erste Blume II Gruppe:
    Wie schlimm bist du, Zager und Kalter!

    Chor II:
    So Zag und Kalt!

    Erste Blume I Gruppe:
    Die Bluemn laesst du umbuhlen den Falter?

    Zweite und dritte Blume I Gruppe:
    Wie ist er zag!

    Zweite und dritte Blume II Gruppe:
    Wie ist er kalt!

    Chor I:
    Auf! Wiechet dem Toren!

    Alle Blumen I und II Gruppe:
    Wir geben ich verloren.

    Chor II:
    Doch sei er uns erkoren!

    Alle Blumen II Gruppe:
    Nein, mir gehoert er an!

    Alle Blumenmaedchen:
    Nein, uns gehoert er! Ja uns!
    Auch mir! Ja mir!

    Parsifal:
    (halb aergerlich die Maedchen abscheuchend)
    Lasst ab! Ihr fangt mir nicht!

    (Parsifal will fliehen, als er Kundrys Stimme vernimmt
    und betroffen still steht.)

    Kundry:
    Parsifal! Weile!

    (Die Maedchen sind bei dem Vernehmen
    der Stimme Kundrys erschrocken
    und haben sich alsbaldvon Parsifal zurueckgehalten.)

    Parsifal:
    Parsifal?
    So nannte traeumend mich einst die Mutter.

    Kundry:
    hier weile! Parsifal!
    Dich gruesset Wonne und Heil zumal.
    Ihr kindischen Buhlen, weichet von ihm;
    frueh welkende Blumen,
    nich euch ward er zum Spiele bestellt.
    Geht heim, pfleget der Wunden,
    einsam erharrt euch mancher Held.

    (Die Maedchen entfernen sich zaghaft
    und widerstrebend von Parsifal
    und ziehen sich allmaehlich nach dem Schlosse zurueck.)

    Erste Blume, dann dritte Blume II Gruppe:
    Dich zu lassen!

    Zweite Blume II Gruppe:
    Dich zu meiden!

    Dritte Blume, dann Erste Blume I Gruppe:
    O, wehe!

    Zweite Blume I Gruppe:
    O, wehe der Pein!

    Chor I und II:
    O wehe!

    Alle Blumen I Gruppe:
    Von allen moechten gern wir scheiden.

    Alle Blumen I und II Gruppe:
    ...mit dir allein zu sein.

    Chor I und II:
    Leb wohl, leb wohl!
    Leb wohl, du Holder, du Stolzer, du - Tor!

    (Mit dem letzten sind die Maedchen
    unter Gelaechter im Schlosse verschwunden.)

    Parsifal:
    Dies alles. . . hab' ich nun getraeumt?
    (Er sieht sich schuechtern nach der Seite hin um,
    von welcher die Stimme kam.
    Dort ist jetzt, durch Enthauellung des Blumenhages,
    ein jugendliches Weib von hoechster Schoenheit - Kundry,
    in durchaus verwandelter Gestalt - auf einem Blumenlager,
    in leicht verhuellender, phantastischer Kleidung,
    annaehernd arabischen Stiles - sichtbar geworden.)
    Riefest du mich Namenlosen?

    Kundry:
    Dich nannt'ich, toer'ger Reiner,
    "Fal parsi",
    dich reinen Toren, "Parsifal".
    So rief, als in arab'schem Land er verschied,
    dein Vater Gamuret dem Sohne zu,
    den er, im Mutterschoss verschlossen,
    mit diesem Namen sterbend gruesste.
    Ihn dir zy kuenden, harrt'ich deiner hier:
    was zog dich her, wenn nicht der Kunde Wunsch?

    Parsifal:
    Nie sah ich, nie traeumte mir, was jetzt
    ich schau, und was mit Bangen mich erfuellt.
    Entbluehtest du auch diesem Blumenhaine?

    Kundry:
    Nein, Parsifal, du toer'ger Reiner!
    Fern, fern ist mein Heimat.
    Dass du mich faendest, verweilte ich nur hier.
    Von weit her kam ich, wo ich viel ersah.
    Ich sah das Kind am seiner Mutter Brust,
    sein erstes Lallen lacht mir noch im Ohr;
    das Leid im Herzen,
    wie lachte da auch Herzeleide,
    als ihren Schmerzen
    zujauchzte ihrer Augen Weide!
    Gebettet sanft auf wiechen Moosen,
    den hold geschlaefert sie mit Kosen,
    dem, bang in Sorgen,
    den Schlummer bewach't der Mutter Sehnen,
    den weckt' am Morgen
    der hiesse Tau der Muttertraenen.
    Nur Weinen war sie, Schmerzgebaren,
    um deines Vaters Lieb' und Tod.
    Vor gleicher Not dich zu bewahren,
    galt ihr als hoechster Pflicht Gebot.
    Den Waffen fern, der Maenner Kampf und Waeren,
    wollte sie still dich bergen und behueten.
    Bur Sorgen war sie, ach! Und Bangen;
    nie sollte Kunde zu dir hergelangen.
    Hoerst du nicht noch ihrer Klage Ruf,
    wann spaet und fern du geweilt?
    Hei! Was ihr das Lust und Lachen schuf,
    wann sie suchend dann dich ereilt;
    wann dann ihr Arm dich wuetend umschlang,
    ward dir es wohl gar beim Kuessen bang?
    Doch ihr Wehe du night vernahmst,
    nicht ihrer Schmerzen Toben,
    als endlich du nicht wiederkamst
    und deine Spur verstoben!
    Sie harrte Naecht' und Tage,
    bis ihr verstummt' die Klage,
    der Gram ihr zehrte den Schmerz,
    um stillen Tod sie warb;
    ihr brach das Leid das Herz,
    und - Herzeleide - starb.

    Parsifal:
    (immer ernsthafter, endlich furchtbar betroffen,
    sinkt, schmerzlich
    ueberwaeltigt, zu Kundrys Fuessen nieder)
    Wehe! Wehe! Was tat ich? Wo war ich?
    Mutter! Suesse, holde Mutter!
    Dein Sohn, dein Sohn musste dich morden!
    O Tor! Bloeder, taumelnder Tor.
    Wo irrtest du hin, ihrer vergessend,
    deiner, deiner vergessend!
    Traute, teuerste Mutter!

    Kundry:
    war dir fremd noch der Schmerz,
    des Trostes Suesse
    labte nie auch dein Herz;
    das Wehe, das dich reut,
    die Not nun buesse
    im Trost, den Liebe dir beut.

    Parsifal:
    (im Truebsinn immer tiefer sich sinken lassend)
    Die Mutter, dei Mutter konnt ich vergessen!
    Ha! Was alles vergass ich wohl noch?
    Wes war ich je noch eingedenk?
    Nur dumpfe Torheit lebt in mir.

    (Kundry, immer noch in halb liegender Stellung,
    beugt sich ueber Parsifals Haupt, fasst sanft seine Stirn
    und schling traulich ihren Arm um seinen Nacken.)

    Kundry:
    Bekenntnis
    wird Schuld in Reue enden,
    Erkenntnis
    in Sinn die Torheit wenden.
    Die Liebe lerne kennen,
    die Gamuret umschloss,
    als Herzeleids Entbrennen
    ihn sengend ueberfloss!
    Die Leib und Leben
    einst dir gegeben,
    der Tod und Torheit weichen muss,
    sie beut dir heut,
    als Muttersegens letzten Gruss,
    der Liebe - ersten Kuss.

    (Sie hat ihr Haupt voelig ueber das seinige geneigt
    und kuesst ihn lange auf seinen Mund.
    Ploetzlich faehrt Parsifal mit einer Gebaerde
    des hoechsten Schreckens auf;
    seine Haltung drueckt eine furchtbare Veraenderung aus; er
    stemmt seine Haende gewaltsam gegen das Herz,
    wie um einen zerressenden Schmerz zu bewaeltigen.)

    Parsifal:
    Amfortas! Die Wunde! Die Wunde!
    Sie brennt mir hier zur Seite!
    O, Klage! Klage!
    Furchtbare Klage!
    Aus tiefstem Herzen schriet sie mir auf.
    Oh! Oh!
    Elender! Jammervollster!
    Die Wunde sah ich bluten;
    nun blutet sie in mir.
    Hier - hier!
    Nein! Nein! Nicht die Wunde ist es.
    Fliesse ihr Blut in Stroemen dahin!
    Hier! Hier! Im Herzen der Brand!
    Das Sehnen, das furchtbare Sehnen,
    das alle Sinne mir fasst und zwingt!
    O! Qual der Liebe!
    Wie alles schauert, bebt und zuckt
    in suendigem Verlangen!
    (Waehrend Kundry in Schrecken
    und Verwunderung aus Parisfal hinstarrt,
    geraet dieser in voellige Entrueckheit.)
    Es starrt der Blick dumpf auf das Heilsgefaess -
    das heil'ge Blut erglueht;
    erloesungswonne, goettlich mild,
    durchzittert wiethin alle Seelen;
    nur hier, im Herzen, will die Qual nicht weichen.
    Des Heilands Klage da vernehm ich,
    die Klage - ach! Die Klage
    um das entweihte Heiligtum.
    "Erloese, rette mich
    aus schuldbefleckten Haenden!"
    So rief die Gottesklage
    furchtbar laut mir in die Seele.
    Und ich - der Tor, der Feige,
    zu wilden Knabentaten floh ich hin!
    (Er stuerzt verzweiflungsvoll auf die Knie.)
    Erloeser! Heiland! Herr der Huld!
    Wie buess ich, Suender, meine Schuld?

    (Kundry, deren Erstaunen
    in leidenschaftliche Bewunderung uebergegangen,
    sucht schuechtern sich Parsifal zu naehern.)

    Kundry:
    Gelobter Held! Entflieh dem Wahn!
    Blick auf! Sei hold der Huldin Nahn!

    Parsifal:
    (immer in gebeugter Stellung,
    starr zu Kundry aufblickend, waehrend diese sich zu ihn neigt
    und die liebkosenden Bewegungen ausfuehrt,
    die er mit dem Folgenden bezeichnet)
    Ja! Diese Stimme! So rief sie ihm -
    und diesen Blick, deutlich erkenn ich ihn -
    auch diesen, der ihm so friedlos lachte;
    die Lippe - ja - so zuckte sie ihm,
    so neigte sich ser Nacken -
    so hob sich kuehn das Haupt;
    so flatterten lachend die Locken -
    so schlang um den Hals sich der Arm -
    so scmeichelte weich die Wange!
    Mit aller Schmerzen Qual im Bunde,
    das Heil der Seele
    entkuesste ihm der Mund!
    (Er erhebt sich allmaehlich.)
    Ha! Dieser Kuss!
    (Er stoesst Kundry von sich.)
    Verderberin! Weiche von mir!
    Ewig! Ewig - von mir!

    Kundry:
    (in hoechster Leidenschaft)
    Grausamer!
    Fuehlst du im Herzen
    nur and'rer Schmerzen,
    so fuehle jetzt auch die meinen!
    Bist du Erloeser,
    was bannt dich, Boeser,
    nicht mir auch zum Heil dich zu einen?
    Seit Ewigkeiten - harre ich deiner,
    des Heilands, ach! So spaet!
    Den einst ich kuehn geschmaeht.
    Oh!
    Kenntest du den Fluch,
    der mich durch Schlaf und Wachen,
    durch Tod und Leben,
    Pein und Lachen,
    zu neuem Leiden neu gestaehlt,
    endlos durch das Dasein quaelt!
    Ich sah ihn - ihn -
    und... lachte!
    Da traf mich sein Blick!
    Nun such' ich ihn von Welt zu Welt
    ihm wieder zu begegnen.
    In hoechster Not
    waehn' ich sein Auge schon nah,
    den Blick schon auf mir ruh'n.
    Da kehrt mir das verfluchte Lachen wieder;
    ein Suender sinkt mir in die Arme!
    Da lach' ich - lache -
    kann nicht weinen,
    nur schreien, wueten,
    toben, rasen,
    in stets erneuter Wahnsinns Nacht,
    aus der ich buessend kaum erwacht.
    Den ich ersehnt in Todesschmachten,
    den ich erkannt, den bloed Verlachten,
    lass mich an seinem Busen weinen,
    nur eine Stunde mich dir vereinen,
    und, ob mich Gott und Welt verstoesst,
    in dir entsuendingt sein und erloest!

    Parsifal:
    Auf Ewigkeit
    waerst du verdammt mit mir
    fuer eine Stunde
    Vergessens meiner Sendung
    in deines Arms Umfangen!
    Auch dir bin ich zum Heil gesandt,
    bleibst du dem Sehnen abgewandt.
    Die Labung, die dein Leiden endet,
    beut nicht der Quell, aus dem es fliesst;
    das Heil wird nimmer dir gespendet,
    eh jener Quell sich dir nicht schliesst.
    Ein andres ist's - ein andres, ach!
    Nach dem ich jammernd schmachten sah,
    die Brueder dort, in grausen Noeten,
    den Leib sich quaelen und ertoeten.
    Doch wer erkennt ihn klar und hell,
    des einz'gen Heiles wahren Quell?

    Kundry:
    (in wilder Begeisterung)
    So war es mein Kuss,
    der welthellsichtig dich machte?
    Mein volles Liebesumfangen
    laesst dich dann Gottheit erlangen.
    Die Welt erloese, ist dies dein Amt;
    schuf dich zum Gott die Stunde,
    fuer sie lass mich ewig dann verdammt,
    nie heile mir die Wunde!

    Parsifal:
    Erloesung, Frevlerin, biet' ich auch dir.

    Kundry:
    Lass mich die Goettlichen lieben,
    Erloesung gabst du dann auch mir.

    Parsifal:
    Lieb' und Erloesung soll dir werden,
    zeigest du
    zu Amfortas mir den Weg.

    Kundry:
    (in Wut ausbrechend)
    Nie- sollst du ihn finden!
    Den Verfallnen, lass ihn verderben,
    den Unsel'gen,
    Schmachluesternen,
    den ich verlachte - lachte - lachte!
    Hah! Ihn traf ja eigne Speer!

    Parsifal:
    Wer durft' ihn verwunden mit der heil'gen Wehr?

    Kundry:
    Er - er -
    der einst mein Lachen bestraft -
    sein Fluch - ha! - mir gibt er Kraft -
    gegen dich selbst ruf' ich die Wehr,
    gibst du dem Suender des Mitleids Ehr'!
    Ha! Wahnsinn!
    (Flehend)
    Mitleid! Mitlleid mit mir!
    Nur eine Stunde mein!
    Nur eine Stunde dein -
    und des Weges
    sollst du geleitet sein!

    Parsifal:
    Vergeh, unseliges Weib!

    Kundry:
    (rafft sich mit wildem Wutrasen auf
    und ruft nach dem Hintergrunde zu)
    Hilfe! Hilfe! Herbei!
    Haltet den Frechen! Herbei!
    Wehrt ihm die Wege!
    Wehrt ihm die Pfade!
    Und floehest du von hier, und faendest
    alle Wege der Welt,
    den Weg, den du suchst,
    des Pfade sollst du nicht finden;
    den Pfad' und Wege,
    die dich mir entfuehren,
    so verwuensch' ich sie dir;
    Irre! Irre!
    Mir so vertraut -
    dich weih' ich ihm zum Geleit!

    (Klingsor ist auf der Burgmauer herausgetreten
    und schwenkt eine Lanze gegen Parsifal)

    Klingsor:
    Halt da! Dich bann'ich mit der rechten Wehr!
    Den Toren stelle mir seines Meisters Speer!

    (Er schleudert auf Parsifal den Speer,
    welcher ueber dessen Haupte schweben bleibt.)

    Parsifal:
    (erfasst den Speer mit der Hand
    und haelt ihn ueber seinem Haupte)
    Mit diesem Zeichen bann'ich deinen Zauber;
    wie die Wunde er schliesse,
    die mit ihm du schlugest,
    in Trauer und Truemmer
    stuerz' er die truegende Pracht!

    (Er hat den Speer im Zeichen des Kreuzes geschwangen;
    wie durch ein Erdbeben versinkt das Schloss.
    Der Garten ist schnell zur Einoede verdorrt;
    verwelkte Blumen verstreuen sich auf dem Boden.
    Kundry ist schreiend zusammengesunken.
    Parsifal haelt im Enteilen noch einmal an
    und wendet sich von der Hoehe
    der Mauertruemmer zu Kundry zurueck.)

    Parsifal:
    Du weisst -
    wo du mich wiederfinden kannst!

    (Er enteilt. Kundry hat sich ein wenig erhoben
    und nach ihm geblickt.)





    DRITTER AUFZUG



    Aufzug I
    Aufzug II
    Aufzug III



    Im Gebiete des Grales. Freie, anmutige Fruehlingsgegend
    mit nach dem Hintergrunde zu sanft ansteigender Blumenaue.
    Den Vordergrund nimmt der Saum des Waldes ein,
    der sich nach rechts zu aufsteigendem Felsengrund ausdehnt.
    Im Vordergrunde, an der Waldseite, ein Quell; ihm gegenueber,
    etwas tiefer, eine schlichte Einsiedlerhuette,
    an einen Felsblock gelehnt. Fruehester Morgen.
    Gurnemanz, zum hohen Greiuse gealtert,
    als Einsiedler, nur in das Hemd der Gralritter gekleidet,
    tritt aus der Huette und lauscht.



    Gurnemanz:
    Von dorther kam das Stoehnen.
    So jammervoll klagt kein Wild,
    und gewiss gar nicht am heiligsten Morgen heut.
    (Dumpfes Stoehnen von Kundrys Stimme)
    Mich duenkt, ich kenne diese Klageruf.
    (Er schreitet entschlossen einer Dornenhecke auf der Seite zu;
    diese ist gaenzlich ueberwachsen;
    er reisst mit Gewalt das Gestruepp audeinander,
    dann haelt er ploetzlich an.)
    Ha! Sie! - wieder da?
    Das winterlich rauhe Gedoern
    hilet sie verdeckt; wie lang schon?
    Auf! Kundry! Auf!
    Der Winter floh, und Lenz ist da!
    (Er zieht Kundry, ganz erstarrt und leblos,
    aus dem Gebuesch hervor
    und traegt sie auf einen nahen Grashuegel.)
    Erwache! Erwache dem Lenz!
    Kalt und starr!
    Diesmal hilet ich sie wohl duer tot;
    doch war's ihr Stoehnen, was ich vernahm.
    (Gurnemanz bemuht sich in allem,
    die Erstarrung von Kundry weichen zu machen.
    Allmaehlich scheint das Leben in ihr zu erwachen.
    Als sie die Augen endlich oeffnet, stoesst sie einen Schrei aus.
    Kundry ist in rauhem Buessergewande,
    aehnlich wie in ersten Aufzuge;
    nur ist ihre Gesichtsfarbe bleicher;
    aus Meine und Haltung ist die Wildheit entschwunden.
    Sie starrt lange Gurnemanz an. Dann erhebt sie sich,
    ordnet sich Kleidung und laesst sich sofort
    wie eine Magd zur Bedienung an.)
    Du telles Weib!
    Hast du kein Wort fuer mich?
    Ist dies der Dank,
    dass dem Todesschlafe
    noch einmal ich dich entweckt?

    Kundry:
    (neigt langsam das Haupt; dann bringt sie,
    rauh und abgebrochen, hervor)
    Dienen . . . dienen!

    Gurnemanz:
    (den Kopf schuettelnd)
    Das wird dich wenig muehn!
    Auf Botschaft sendet sich's nicht mehr;
    Kraeuter und Wurzeln
    findet ein jeder sich selbst.
    Wir lernten's im Walde vom Tier.
    (Kundry hat sich waehrenddem umgesehen,
    gewahrt die Huette und geht hinein.
    Gurnemanz blickt ihr verwundert nach.)
    wie anders schreitet sie als sonst!
    Wirkte dies der heilige Tag?
    Oh! Tag der Gnade ohnegleichen!
    Gewiss zu ihrem Heile
    durft' ich der Armen heut
    den Todesschlaf verscheuchen.
    (Kundry kommt wieder aus der Huette; sie traegt einen Wasserkrug
    und geht damit zur Quelle. Sie gewahrt hier, nach dem Walde blickend,
    in der Ferne einen Kommenden und wendet sich zu Gurnemanz,
    um ihn darauf hinzudeuten. Gurnemanz blickt in den Wald.
    Waehrend des folgenden Auftretens des Parsifal entfernt sich Kundry
    mit dem gefuellten Kruge in die Huette, wo sie sich zu schaffen macht.)
    Wer nahet dort dem heil'gen Quell
    in duestrem Waffenschmucke?
    Das ist der Brueder keiner!
    (Parsifal tritt aus dem Walde auf;
    er ist ganz in schwarzer Waffenruestung;
    mit geschlossenem Helme und gesenktem Speer schreitet er,
    gebeugsten Hauptes, traeumerisch zoegernd, langsam daher
    und setzt sich auf dem kleinen Rasenhuegel am Quell nieder.
    Gurnemanz, nachdem er Parsifal staunend lange betrachtet hat,
    tritt nun naeher zu ihm.)
    Heil dir, mein Gast!
    Bist du verirrt, und soll ich dich weisen?
    (Parsifal schuettelt sanft das Haupt.)
    Entbietest du mir keinen Gruss?
    (Parsifal neigt das Haupt.)
    Hei? - Was?
    Wenn dein Geluebde
    dich bindet, mir zu schweigen,
    so mahnt das meine mich,
    dass ich dir sage, was sich ziemt.
    Hier bist du an geweihtem Ort;
    da zieht man nicht mit Waffen her,
    geschlossenen Helmes, Schild und Speer;
    und heute gar! Weisst du denn nicht,
    welch heil'ger Tag heut ist?
    (Parisfal schuettelt mit dem Kopfe.)
    Ja! Woher kommst du denn?
    Bei welchen Heiden weiltest du,
    zu wissen nich, dass heute
    der allerheiliste Karfreitag ist?
    (Parsifal senkt das Haupt noch tiefer.)
    Schnell ab die Waffen!
    Kraenke nicht den Herrn, der heute,
    bar jeder Wehr, sein heilig' Blut
    der suendigen Welt zur Suehne bot!
    (Parsifal erhebt sich nach einem abermaligen Schweigen,
    stoesst den Speer vor sich in den Boden,
    legt Schild und Schwert davor nieder, oeffnet den Helm,
    nimmt ihm vom Haupte, und legt ihn zu den anderen Waffen,
    worauf er dann zu stummem Gebete vor dem Speer niederkniet.
    Gurnemanz betrachtet Parsifal mit Staunen und Ruehrung.
    Er winkt Kundry herbei, welche soeben wieder aus der Huette getreten ist.
    Parsifal erhebt jetzt seinen Blick andachtsvoll zu der Lanzenspitze auf.)
    Erkennst du ihn?
    Der ist's, der einst den Schwan erlegt.
    (Kundry bestaetigt
    mit einem leisen Kopfnicken.)
    Gewiss, s' ist er,
    der Tor, den ich zuernend von uns wies.
    (Kundry blickt starr, doch ruhig auf Parsifal.)
    Ha! Welche Pfade fand er?
    Der Speer - ich kenne ihn.
    (In grosser Ergriffenheit)
    Oh heiliegster Tag,
    an dem ich heut erwachen sollt'!

    (Kundry hat ihr Gesicht abgewendet.
    Parsifal erhebt sich langsam vom Gebete, blickt ruhig um sich,
    erkennt Gurnemanz und reicht diesem sanft die Hand zum Gruss.)

    Parsifal:
    Heil mir, dass ich dich wiederfinde!

    Gurnemanz:
    So kennst auch du mir noch?
    Erkennst mich wieder,
    den Gram und Not so tief gebeugt?
    Wie kamst du heut? Woher?

    Parsifal:
    Der Irrnis und der Leiden Pfade kam ich;
    soll ich mich denen jetzt entwunden waehnen,
    da dieses Waldes Rauschen
    wieder ich vernehme,
    dich guten Greisen neu begruesse?
    Oder - irr' ich wieder?
    Veraendert duenkt mich alles.

    Gurnemanz:
    So sag', zu wem den Weg du suchtest?

    Parsifal:
    Zu ihm, des tiefe Klagen
    ich toerig staunend einst vernahm,
    dem nun ich Heil zu bringen
    mich auserlesen waehnen darf.
    Doch - ach! -
    den Weg des Heiles nie zu finden,
    in pfadlosen Irren
    trieb ein wilder Fluch mich umher;
    zahllose Noete,
    Kaempfe und Streite
    zwangen mich ab vom Pfade,
    waehnt' ich ihn recht schon erkannt.
    Da musste mich Verzweiflung fassen,
    das Heiltum heil mir zu bergen,
    um das zu hueten, das zu wahren
    ich Wunden jeder Wehr mir gewann;
    denn nicht ihn selber
    durft' ich fuerhen im Streite;
    unentweiht
    fuer ich ihn mir zur Seite,
    den ich nun heim geleite,
    der dort dir schlimmert heil und hehr;
    des Grales heil'gen Speer.

    Gurnemanz:
    (in hoechstes Entzuecken ausbrechend)
    O Gnade! Hoechstes Heil!
    O Wunder! Heilig hehrstes Wunder!
    O Herr! War es ein Fluch,
    der dich von rechten Pfad vertrieb,
    so glaub', er ist gewichen.
    Hier bist du; dies des Grals Gebiet,
    dein harret seiner Ritterschaft.
    Ach, sie bedarf des Heiles,
    des Heiles, das du bringst!
    Seit dem Tage, den du hier gewelt,
    die Trauer, so da kund dir ward,
    das Bangen - wuchs zur hoechsten Not.
    Amfortas, gegen seiner Wunde,
    seiner Seele Qual sich wehrend,
    begehrt' in wuetendem Trotze nur den Tod.
    Kein Flehn, kein Elend seiner Ritter
    bewog ihn mehr, des heil'gen Amts zu walten.
    Im Schrein verschlossen bleibt seit lang' der Gral;
    so hofft sein suendenreu'ger Hueter,
    da er nicht sterben kann,
    wann je er ihn erschaut,
    sein Ende zu erzwingen
    und mit dem Leben seine Qual zu enden.
    Die heil'ge Speisung bleibt uns nun versagt,
    gemeine Atzung muss uns naehren;
    darob versiegte uns'rer Helden Kraft.
    Nie kommt uns Botschaft mehr,
    noch Ruf zu heil'gen Kaempfen aus der Ferne;
    bleich und elend wankt umher
    die mut- und fuerherlose Ritterschaft.
    In dieser Waldeck' barg ich selber mich,
    des Todes still gewaertig,
    dem schon mein alter Waffenherr verfiel.
    Denn Titurel, mein heil'ger Held,
    den nun des Grales Anblick nicht mehr labte,
    er starb - ein Mensch wie alle!

    Parsifal:
    (vor grossen Schmerz sich aufbaeumend)
    Und ich, ich bin's,
    der all dies Elend schuf!
    Ha! Wlecher Suenden,
    welches Frevels Schuld
    muss dieses Torenhaupt
    seit Ewigkeit belasten,
    da keine Busse, keine Suehne
    der Blindheit mich entwindet,
    zur Rettung selbst ich auserkoren,
    in Irrnis wild verloren
    der Rettung letzter Pfad mir schwindet!

    (Parsifal droht ohnmaechtig umzusinjken.
    Gurnemanz haelt ihn aufrecht und senkt ihn
    zum Sitze auf den Rasenhuegel nieder.
    Kundry holt hastig ein Becken mit Wasser,
    Parsifal damit zu besprengen.)

    Gurnemanz:
    Die heil'ge Quelle selbst
    erquicke unsres Pilgers Bad.
    Mir ahnt, ein hohes Werk
    hab' er noch heut zu wirken,
    zu walten eines heil'gen Amtes;
    so sei er fleckenrein,
    und langer Irrfahrt Staub
    soll nun von ihm gewaschen sein.

    (Parsifal wird von den beiden sanft zum Rande des Quelles gewendet.
    Unter dem Folgenden loest ihm Kundry die Beinschienen,
    Gurnemanz aber nimmt ihm den Brustharnisch ab.)

    Parsifal:
    Werd' heut zu Amfortas ich noch geleitet?

    Gurnemanz:
    Gewisslich; unsrer harrt die hehre Burg;
    die Totenfeier meines lieben Herrn,
    sie ruft mich selbst dahin.
    Den Gral noch einmal uns du zu enthuellen,
    des lang versaeumten Amtes
    noch einmal heut zu walten -
    zur Heiligung des hehren Vaters,
    der seines Sohnes Schuld erlag,
    die der nun, also buessen will - gelobt' Amfortas uns.

    (Kundry badet Parsifal mit demutsvollem Eifer die Fusse.
    Parsifal blickt mit stiller Verwunderungl auf sie.)

    Parsifal:
    (zu Kundry)
    Du wuschest mir die Fuesse,
    nun netze mir das Haupt der Freund.

    (Gurnemanz schoepft mit der Hand aus dem Quell
    und besprengt Parsifals Haupt.)

    Gurnemanz:
    Gesegnet sei, du Reiner, durch das Reine!
    So weiche jeder Schuld
    Bekuemmernis von dir!

    (Waehrend Gurnemanz feierlich das Wasser sprengt,
    zieht Kundry ein goldenes Flaeschchen aus ihren Busen
    und giesst seinen Inhalt auf Parsifals Fuesse aus;
    jetzt trocknet sie diese mit ihren schnell aufgeloesten Haaren.)

    Parsifal:
    (nimmt Kundry sanft das Flaescchen ab
    und reicht es Gurnemanz)
    Du salbtest mir die Fuesse,
    das Haupt nun salbe Titurels Genoss,
    dass heut noch als Koenig er mich gruesse!

    (Gurnemanz schuettelt mit dem Folgenden das Flaeschchen
    vollends auf Parsifals Haupt aus, reibt dieses sanft
    und faltet dann die Haende darueber.)

    Gurnemanz:
    So ward es uns verhiessen;
    so segne ich dein haupt,
    als Koenig dich zu gruessen.
    Du - Reiner! -
    Mitleidsvoll Duldender,
    heiltatvoll Wissender!
    Wie des Erloesten Leiden zu gelitten,
    die letzte Last entnimm nun seinem Haupt!

    (Parsifal schoepft unvermerkt Wasser aus dem Quell.)

    Parsifal:
    Mein erstes Amt verricht' ich so;
    (er neigt sich zu der vor ihm noch knienden Kundry
    und netzt ihr das Haupt.)
    Die Taufe nimm
    und glaub' an den Erloeser!
    (Kundry ssenkt das Haupt tief zur Erde;
    sie schient heftig zu weinen. Parsifal wndet sich um
    und blickt mit sanfter Entzueckung auf Wald und Wiese,
    welche jetzt im Vormittagslichte leuchten.)
    Wie duenkt mich doch die Aue heut so schoen!
    Wohl traf ich Wunderblumen an,
    die bis zum Haupte suechtig mich umrankten;
    doch sah ich nie so mild und zart
    die Halme, Blueten und Blumen,
    noch duftet' all so kindisch hold
    und sprach so lieblich traut zu mir.

    Gurnemanz:
    Das ist. . . Karfreitagszauber, Herr!

    Parsifal:
    O wehe des hoechsten Schmertzentags!
    Da sollte, waehn' ich, was da blueht,
    was atmet, lebt und wieder lebt,
    nur trauern, ach! und weinen!

    Gurnemanz:
    Du siehst, das ist nicht so.
    Des Suenders Reuetraenen sind es,
    die heut mit heil'gem Tau
    betraeufet Flur und Au';
    der liess sie so gedeihen.
    Nun freut sich alle Kreatur
    auf des Erloesers holder Spur,
    will ihr Gebet ihm wiehen.
    Ihn selbst am Kreuze kann sie nicht erschauen;
    da blickt sie zum erloesten Menschen auf;
    der fuehlt sich frei von Suendenlast und Grauen,
    durch Gottes Liebesopfer rein und heil.
    Das merkt nun Halm und Blume auf den Auen,
    dass heut des Menschen Fuss sie nicht zertritt,
    doch wohl, wie Gott mit himmlischer Geduld
    sich sein erbarmt' und fuer ihn litt,
    der Mensch aush heut in frommer Huld
    sie schont mit sanftem Schritt.
    Das dankt dann alleKreatur,
    was all da blueht und bald erstirbt
    da die enstsuendigte Nature
    heut ihren Unschuldstag erwirbt.

    (Kundry hat langsam wieder das Haupt erhoben
    und blickt feuchten Auges,
    ernst und ruhig bittend, zu Parsifal.)

    Parsifal:
    Ich sah sie welken, die inst mir lachten;
    ob heut sie nach Erloesung schmachten?
    Auch deine Traene ward zum Segenstaue;
    du weinest! Sieh! Es lacht die Aue.

    (Er kuesst sie sanft auf die Stirne.
    Glockengelaeute aus weiter Ferne.)

    Gurnemanz:
    Mittag.
    Die Stund' ist da.
    Gestatte, Herr, das dein Knecht dich geleite!

    (Gurnemanz het seinen Graslrittermantel herbeigeholt;
    er und Kundry bekleiden Parsifal damit.
    Parsifal ergreift feierlich den Speer und folgt
    mit Kundry dem langsam geleitenden Gurnemanz.
    Die Gegend verwandelt sich sehr allmaehlich,
    aenlicherweise wie im ersten Aufzuge, nur von rechts nach links.
    Nachdem die drei eine Zeitlang sichtbar geblieben,
    verschwinden sie gaenzlich, als der Wald sich immer mehr verliert
    und dagegen Felsengewoelbe naeher ruecken.
    In gewoelbten Gaengen stets anwachsend vernehmbares Gelaeute.
    Es oeffnen sich die Felsenwande, und die groesse Gralshalle,
    wie im ersten Aufzuge, nur ohne die Speisetafeln,
    stelelt sich wieder dar. Duestere Beleuchtung.
    Von der ersten Seite ziehen die Titurels Leiche im Sarge
    tragenden Ritter herein, von der anderen Seite die Amfortas
    im Siechbette geleitenden,
    vor diesem der verhuelte Schrein mit dem Grale.)

    Erster Zug der Ritter:
    Geleiten wir im bergenden Schrein
    den Gral zum heiligen Amte,
    wen berget ihr in duest'ren Schrein
    und fuehrt ihr trauernd daher?

    Zweiter Zug der Ritter:
    Es birgt den Gelden der Trauerschrein,
    er birgt die heilige Kraft,
    der Gott einst selbst zur Pflege sich gab;
    Titurel fuerhen wir hier.

    I Zug:
    Wer hat ihn gefaellt, der, in Gottes Hut,
    Gott selbst einst beschirmte?

    II Zug:
    Ihn faellte des Alters siegende Last,
    da den Gral er nicht mehr erschaute.

    I Zug:
    Wer wehrt ihm des Grales Huld zu erschauen?

    II Zug:
    Den dort ihr geleitest, der suendige Hueter.

    I Zug:
    Wir geleiten ihn heut, weil heut noch einmal -
    zum letzten Male -
    will des Amtes er walten.
    Ach, zum letzten Mal!

    (Amfortas ist jetzt auf das Ruhebett
    hinter dem Gralstische niedergelassen,
    der Sarg davor niedergesetzt worden;
    die Ritter wenden sich an ihn.)

    II Zug:
    Wehe! Wehe! Der Hueter des Grals!
    Ach, zum letzten Mal,
    sie deines Amtes gemahnt!
    Zum letzten Mal! Zum letzten Mal!

    Amfortas:
    Ja, wehe, wehe! Weh' ueber mich!
    So ruf' ich willig mit euch,
    williger naehm' ich von euch den Tod,
    der Suende mildeste Suehne!
    (Der Sarg wird geoeffnet - Beim Anblick der Leiche Titurels
    bricht alles in einen jaehen Wehruf aus.
    Amfortas richtet sich hoch von seinem Lager
    und wendet sich zur Leiche.)
    Mein vater!
    Hochgesegneter der Helden!
    Du Reinster, dem einst die Engel sich neigten;
    der einzig ich sterben sollt',
    dir - gab ich den Tod!
    O! Der du jetzt in goettlichen Glanz
    den Erloeser selbst erschaust,
    erflehe von ihm, dass sein heiliges Blut,
    wenn noch einmal heut sein Segen
    die Brueder soll erquicken,
    wie ihnen neues Leben
    mir endlich spende - den Tod!
    Tod! Sterben!
    Einz'ge Gnade!
    Die schreckliche Wunde, das Gift, ersterbe,
    das es zernagt, erstarre das Herz!
    Mein Vater! Dich - ruf' ich,
    rufe du ihm es zu;
    Erloeser, gib meinem Sohne Ruh'!

    Ritter:
    (sich naeher an Amfortas herandraengend)
    Enthuellet den Gral!
    Walte des Amtes!
    Dich mahnet dein Vater;
    du muss! Du muss!

    (Amfortas springt in wuetender Verzweiflung
    auf und stuerzt sich unter die zurueckweichenden Ritter.)

    Amfortas:
    Nein! Nicht mehr! Ha!
    Schon fuel' ich den Tod mich umnachten
    und noch einmal sollt' ich ins Leben zurueck?
    Wahnsinnige!
    Wer will mich zwingen zu leben?
    Koennt ihr doch Tod mir nur geben!
    (Er reicht sich das Gewand auf)
    Hier bin ich - die offne Wunde hier!
    Das mich vergiftet, hier fliesst mein Blut.
    Heraus die Waffe! Taucht eure Schwerter,
    tief - tief, bis ans Heft!
    Auf! Ihr Helden!
    Toetet den Suender mit seiner Qual,
    von selbst dann leuchtet euch wohl der Gral!

    (Alles ist scheu vor Amfortas gewichen. Parsifal ist,
    von Gurnemanz und Kundry begleitet,
    unvermerkt unter den Rittern erschienen, tritt hervor
    und streckt den Speer aus,
    mit dessen Spitze er Amfortas' Seite beruehrt.)

    Parsifal:
    Nur eine Waffe taugt -
    die Wunde schliess
    der Speer nur, der sie schlug.
    (Amfortas' Miene leuchtet in heiliger Entzueckung auf;
    er schient vor groesser Ergriffenheit zu schwanken;
    Gurnemanz stuetzt ihn.)
    Sei heil, entsuendigt und gesuehnt!
    Denn ich verwalte nun dein Amt.
    Gesegnet sei dein Leiden,
    das Mittleids hoechste Kraft,
    und reinsten Wissens Macht
    dem zagen Toren gab!
    (Parsifal schreitet nach der Mitte,
    den Speer hoch vor sich erhebend.)
    Den heil'gen Speer -
    ich bring' ihn euch zurueck!
    (Alles blickt in hoechster Entzueckung auf den emporgehaltenen Speer,
    zu dessen Spitze augschauend Parsifal in Begesiterung fortfaehrt.)
    O! Welchen Wunders hoechstes Gluck!
    Der deine Wunde durfte schilessen,
    ihm seh' ich heil'ges Blut entfliessen
    in Sehnsucht nach dem verwandten Quelle,
    der dort fliesst in des Grales Welle.
    Nicht soll der mehr verschlossen sein;
    enthuellet den Gral, oeffnet den Schrein!

    (Parsifal besteigt die Stufen des Weihtisches,
    entnimmt dem von den Knaben geoeffneten Schrein
    den Gral und versenkt sich, unter stummem Gebet,
    kniend in seinen Anblick.
    Allmaehliche sanfte Erleuchtung des Grales.
    Zunehmende Daemmerung in der Tiefe,
    bei wachsendem Lichtscrein aus der Hoehe.)

    Knaben, Juenligne und Ritter:
    (mit stimmen aus der mittleren
    sowie der obersten Hoehe kaum hoerbar leise)
    Hoechsten Heiles Wunder!
    Erloesung dem Erloeser!

    (Lichtstral; hellstes Ergluehen des Grales.
    Aus der Kuppel scwebt eine weisse Taube herab
    und verweilt ueber Parsifals Haupt. Kundry sinkt,
    mit dem Blicke zu ihm auf, langsam vor Parsifal entseelt zu Boden.
    Amfortas und Gurnemanz huldigen kniend Parsifal,
    welcher den Gral segnend ueber die anbetende Ritterschaft schwingt.)






    E N D E

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